„Lassen Sie uns nicht im Stich“ Hilferuf aus der Malteser Armenküche in St. Petersburg: für 400 Portionen täglich fehlen noch 20.000 Euro

Betroffene Gesichter und der Taschenrechner auf dem Tisch beim Gespräch über die Zukunft der Malteser Sozialküche in St. Petersburg: Herbert Kiesel, Projektverantwortlicher, Irina Tymkova, Malteser Geschäftsführerin in St. Petersburg, Frank Weber, Diözesangeschäftsführer (von links).

„Die Not der einfachen Menschen bleibt immer noch akut und der Bedarf an einem warmen Mittagessen nimmt nicht ab,“ Irina Tymkova, Geschäftsführerin der Malteser Sozialküche im Zentralbezirk von St. Petersburg, ist verzweifelt. Im Gespräch mit Herbert Kiesel, ehrenamtlicher Verantwortlicher für das Projekt und Frank Weber, Diözesangeschäftsführer schilderte sie in bewegenden Worten „die Situation unserer Hilfsbedürftigen, die die Sozialpolitik Russlands im Jahr 2010 keinesfalls leichter gemacht hat.“ Sie berichtete von einer Preissteigerung bei Lebensmittel, die im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres schon etwa 35 Prozent betragen habe. Alle denkbaren Rekorden habe im August und September der Preis für den sehr in Russland beliebten Buchweizen gebrochen, der „um 400% teurer wurde, aber auch Eier und Milchwaren sind um 50%, Gemüse (Weißkohl, Kartoffeln, rote Beete, Karotten) um 120% teurer geworden“, so die Geschäftsführerin. Tymkova war in der vergangenen Woche bei den Maltesern in Würzburg zu Besuch. Ein Besuch, der von Herzlichkeit und Freundschaft, aber von dieser traurigen Botschaft geprägt war.

Die enorme Preissteigerung bekommen die Menschen in St. Petersburg bei ihren täglichen Einkäufen zu spüren und „vor allem die Rentner und kinderreichen Familien, die sowieso schon mit einem kleinen Einkommen zurecht kommen müssen, hat es offensichtlich hart getroffen“, erläutert Diözesangeschäftsführer Weber nach dem Gespräch sehr nachdenklich. Mit einer durchschnittlichen Monatsrente von etwa 218 Euro kann sich ein Rentner noch nicht einmal den Inhalt des so genannten Verbraucherkorbs leisten, dessen Wert noch im September etwa 221 Euro betrug. „Wovon sollen sie sich aber die nötigen Medikamente kaufen, auf die sie mit typischen Altersbeschwerden die das St. Petersburger Klima noch deutlicher negativ beeinflusst, angewiesen sind?“ empörte Irina Tymkova, die täglich die Beschwerden der alten Küchengäste in St. Petersburg erlebt.

Wenn das Geld nicht mehr für eine warme Mahlzeit am Tag reicht, bei manchen noch nicht einmal mehr für ein Brot und ein bisschen heißen Tee, weil man außerdem auch noch Medikamente und Heiznebenkosten zahlen muss, dann hoffen viele auf die Malteser Armenküche, die in St. Petersburg bekannt ist. Die Berechtigungsscheine für ein kostenloses Mittagessen gibt es bei der Sozialverwaltung und bei den Kirchen. Die Warteliste ist lang, der Bedarf ist riesig. In früheren Jahren konnten die Malteser fast 600 Menschen den Wunsch erfüllen und eine warme, vollwertige Mahlzeit geben. Aber auch die Malteser müssen mit gestiegenen Preisen für Lebensmittel, für Gas und Strom, für Transportkosten zurechtkommen. Deshalb haben die Malteser bereits 2010 die Zahl der ausgegebenen Essen auf 400 reduzieren müssen. „Die andere Alternative wäre gewesen, die Portionen zu verkleinern“, so Tymkova traurig, aber dann „wären wohl nur noch Kinderportionen übrig geblieben.“

Im Januar hat das russische Finanzministerium mit einer neuen „Überraschung“ aufgewartet, die sich direkt auf die Betriebskosten der Küche auswirkt: Bislang galt für Kleinunternehmen ein reduzierter Lohnsteuersatz. Seit Januar fällt dieses Privileg weg und der Steuersatz für das siebenköpfige Kochteam in der Sozialküche erhöhte sich auf das Doppelte. „Das hat den Petersburger Maltesern jetzt noch den Rest gegeben“, berichtet Frank Weber. Jetzt werde offen über die Zukunft der Küche geredet, es werden verschiedene Modelle diskutiert, wie man diese so wichtige Institution in der russischen Metropole noch retten kann. Denn retten will man sie auf jeden Fall, das ist klar, denn in der Küche geht es nicht nur um ein warmes Mittagessen. „“Es geht um ein freundliches Wort, um Hilfe bei Problemen mit Behörden, es geht um Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe in einer von immer mehr sozialer Kälte geprägten Stadt“ erklärt Herbert Kiesel, der die Küche vor fast 20 Jahren mit aufgebaut hat. „Das sind doch die wesentlichen „Nebeneffekte“ des Malteser Projektes“ so Kiesel weiter und betont, dass die Küche nach so vielen Jahren kontinuierlicher Hilfe für die Ärmsten der Armen in St. Petersburg längst dem Projektstatus entwachsen und zu einer festen sozialen Größe geworden sei, wenn auch fast ausschließlich von deutschen Spendengeldern finanziert.

„Es fehlen uns noch ca. 20.000€, um den Küchenbetrieb auf dem Niveau 2009/2010 zu halten, also um 400 Essensportionen täglich vorzubereiten“, rechnet die russische Malteser Geschäftsführerin vor und bittet die deutschen Partner. „Wir hoffen sehr, dass Sie uns nicht im Stich lassen!“

Hintergrund:
In der Malteser Sozialküche in St. Petersburg, ein Projekt der Malteser in der Diözese Würzburg, werden seit 1992 täglich bis zu 400 warme Mahlzeiten an kinderreiche Familien, alte, bedürftige und behinderte Menschen ausgegeben. Sie ist die einzige Armenküche dieser Größe, die noch in St. Petersburg existiert und wird ausschließlich von Spendengeldern aus Deutschland, hauptsächlich aus dem Gebiet der Diözese Würzburg finanziert. Eine Änderung der prekären Situation in St. Petersburg ist nicht absehbar. Im Gegenteil: Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auf. Die Malteser sind daher dringend auf Spenden angewiesen:

  • Spendenkonto: 103 007 057
  • Liga Bank eG (BLZ 750 903 00)
  • Kennwort: St. Petersburg